#20 „Die Sicherheitslage im Nahen Osten: Ist Deutschland ausreichend vorbereitet?"
Im Gespräch Thomas Rachel
06.10.2024 32 min
Zusammenfassung & Show Notes
In dieser ereignisreichen Folge sprechen Host Marian Wendt und Olga über die aktuellen politischen Entwicklungen in Griechenland und der Region. Sie beleuchten die Turbulenzen in der Opposition und im östlichen Mittelmeer sowie die Auswirkungen des Angriffs auf Israel, Libanon und Iran. Dazu gibt es spannende Einblicke in das Thema Migration im Gespräch mit Unions-Außenpolitiker Thomas Rachel.
In dieser Folge spricht Host Marian Wendt über die politischen Entwicklungen in Griechenland, mit Fokus auf die internen Machtkämpfe bei PASOK und Syriza. Diskutiert wird die positive wirtschaftliche Lage Griechenlands und mögliche Reformen, die Vorbildcharakter für Deutschland haben könnten.
Ein zentrales Thema ist die Migration: Die Hosts beleuchten die Bedeutung einer europäischen Lösung, differenzierte Grenzkontrollen und die Zusammenarbeit mit Herkunfts- und Transitländern. Auch die Rolle Deutschlands wird kritisch hinterfragt – ist das Land ausreichend auf Migrationsströme und die Sicherheit im Nahen Osten vorbereitet? Die Notwendigkeit einer strukturierten Friedensinitiative wird betont, jedoch fehlen bisher durchgreifende Maßnahmen der Bundesregierung. Zudem wird die verbesserte Zusammenarbeit zwischen Griechenland und der Türkei hervorgehoben.
Transkript
Yassas Adenauer, der Podcast für Griechenland und die Region.
Einen schönen guten Morgen aus Athen. Marianne, was für eine Woche!
Du sagst es, liebe Olga. Sie war sehr ereignisreich.
Und das spiegelt sich auch in unserer Folge von Yassas Adenauer wieder.
Puh, was soll ich sagen? Wo fangen wir an?
Turbulent, würde ich sagen. Deswegen haben wir viel zu erzählen heute.
Turbulent ist das Stichwort. Turbulenzen in der Opposition.
Turbulenzen im östlichen Mittelmeer.
Der Angriff auf Israel, Libanon, Iran.
Das wird große Auswirkungen auch auf das Thema Migration haben.
Wir sind ja dazu im Gespräch mit Thomas Rachel, er ist Außenpolitiker.
Und du berichtest, glaube ich, auch dazu später in den Nachrichten.
Ja, wie gesagt, es gibt heute viel zu erzählen, Marianne.
Ob das eine gute Woche gewesen ist?
Ich würde sagen, sie wird gut enden, wie auch unser Podcast.
Denn wir haben einen goldenen Ausblick.
Und das hat, glaube ich, was mit München zu tun.
Ja.
Aber wir verraten nicht alles.
Nein, nein, dazu gleich später ein bisschen was.
Also, bleiben Sie dran und gespannt auf Yassas Adenauer.
Und jetzt kommt die Nachrichten mit Olga aus Griechenland.
Griechenlands PASOK wählt neuen Vorsitzenden.
Am heutigen Sonntag findet bei der panhellenischen sozialistischen Bewegung PASOK
interne Wahlen für die Bestimmung des Vorsitzenden statt.
Falls keine der Bewerber bzw. Bewerberinnen eine absolute Mehrheit erzielt,
ist für den kommenden Sonntag eine Stichwahl angesetzt.
Auslöser des parteiinternen Machtkampfs in der sozialdemokratischen Traditionspartei
war das enttäuschende Abschneiden bei den Wahlen zum Europäischen Parlament.
Zuvor hatte PASOK-Chef Nico Chandroulakis das Ziel formuliert,
die Partei sollte als zweitstärkste Kraft aus dem Urnengang hervorgehen.
Am Ende kam die PASOK-Partei auf knapp 13 Prozent der Stimmen,
fiel aber hinter der schärfsten Konkurrentin, dem Linksbündnis Syriza, auf den dritten Platz zurück.
Führungskräfte der Partei machten alsbald den amtierenden Vorsitzenden
für das in ihrer Sicht enttäuschende Abschneiden verantwortlich und stellten die Führungsfrage.
Nach kurzem Zögern leitete Chandroulakis das Wahlverfahren ein,
das jetzt in Form einer landesweiten Abstimmung der Parteibasis über die Bühne geht.
Zu den Favoriten zählen neben dem Amtsinhaber Chandroulakis
der Bürgermeister von Athen Haris Doukas und der ehemalige Minister und Abgeordnete Pavlos Geroulanos.
Auch die PASOK-Abgeordneten Michalis Katrinis und Nadia Yanakopoulou stehen zur Wahl.
Für einiges Aufsehen sorgte die Kandidatur der ehemaligen Ministerin und EU-Kommissarin Anna Diamantopoulou,
die Medienberichten zufolge gute Beziehungen zum Premierminister Mitsotakis unterhält.
Machtkampf bei Syriza. Kampf um Parteiführung erreicht Höhepunkt.
Der Machtkampf innerhalb Griechenlands größter Oppositionspartei, des Linksbündnisses Syriza,
schwitzt sich weiterhin zu und steuert auf seinen Höhepunkt.
Am 24. November sollen die Mitglieder der ehemaligen Regierungspartei,
die seit Monaten von heftigen Flügelkämpfen erschüttert wird, eine neue Parteispitze wählen.
Auslöser der parteiinternen Krise war, ähnlich wie bei der sozialdemokratischen PASOK,
das enttäuschende Abschneiden bei den Europawahlen im Juni dieses Jahres.
Zwar erreichte das Linksbündnis den zweiten Platz,
blieb jedoch mit knapp 15 Prozent der Stimmen deutlich hinter den selbstgesetzten Erwartungen zurück.
Eine wachsende Zahl von Syriza-Funktionären machte den Parteivorsitzenden Stefanos Kasselakis
für das schlechte Ergebnis verantwortlich und warf ihm zugleich einen autokratischen Führungsstil vor.
Die Infragestellung von Kasselakis, der viele Jahre in den USA gelebt hatte
und als politischer Seiteneinsteiger im vergangenen Herbst die Parteiführung übernahm,
führte schliesslich Anfang September zu einem Beschluss des Syriza-Zentralkomitees,
ihm das Vertrauen zu entziehen.
Für die Nachfolge der Spitze der Partei gibt es aktuell fünf Bewerber,
unter den Kandidaten befindet sich auch der umstrittene Abgeordnete aus Kreta,
Pavlos Polakis, der Kasselakis anfänglich unterstützt hatte,
sich nun jedoch zu einem seiner schärfsten Kritiker entwickelt hat.
Der vielfach gescholtene Kasselakis selbst hat angekündigt, ebenfalls erneut zu kandidieren.
Und das waren die Nachrichten hier aus Griechenland.
Bei uns im Büro hier in der Morosi ist jetzt Thomas Rachel.
Er steht zum Interview bereit.
Thomas Rachel ist Abgeordneter des Deutschen Bundestages.
Er ist Mitglied im Auswärtigen Ausschuss, Mitglied im Rat der Evangelischen Kirche Deutschlands
und er war Vizeminister 16 Jahre lang in der Regierung von Angela Merkel.
Lieber Thomas, schön, dass du da bist.
Ich freue mich sehr, hier zu sein.
Im Auswärtigen Ausschuss bist du Berichterstatter für Griechenland.
Du bist auch mit einer griechischen Frau verheiratet,
also nicht nur eine berufliche Perspektive auf das Land, sondern auch eine private.
Wir waren jetzt drei Tage unterwegs im Rahmen deiner Berichterstattung,
um die aktuelle Situation kennenzulernen, um auch verschiedene Gespräche zu führen.
Wie ist dein Eindruck aktuell über Griechenland?
Also es ist eigentlich sehr schön zu sehen, wie sich Griechenland, wie sich Athen verändert hat.
Ich habe noch die große Krise vor Augen, unter der Griechenland gelitten hat.
Und man sieht, das Land hat sich deutlich verändert.
Es gibt eine Aufbruchsstimmung, es gibt eine wirtschaftliche Aufwärtsentwicklung.
Man muss sagen, wenn man sich die Wirtschaftsdaten in Griechenland anschaut,
mit einem positiven Wirtschaftswachstum, dass die Regierung Nezotakis von Griechenland
ein Vorbild für die Bundesrepublik Deutschland sein kann.
Denn hier sind wichtige Reformen angepackt worden.
Und das Ganze wirkt sich jetzt auch positiv für das Land aus.
Es gibt eine Aufwärtsentwicklung, eine positive Stimmung.
Davon können wir Deutschen viel lernen.
Was würdest du mitnehmen, was für Takeaways sind an den Reformen?
Woher kommt diese positive Aufwärtsstimmung?
Zwei, zehn Jahre zurück, du hast es selber erlebt in der Regierung von Angela Merkel,
MSA-Abgeordneter auch.
Was können wir wirklich mitnehmen?
Vielleicht zwei, drei Punkte, damit könnte man auch Deutschen überzeugen.
Also was man auf jeden Fall mitnehmen kann, ist die Digitalisierung,
die Nezotakis zu einem Schwerpunkt bereits seiner ersten Regierungszeit gemacht hat.
Da sind wir noch weit hinterher in Deutschland.
Und das hat sich sehr, sehr positiv ausgewirkt.
Mich begeistert immer letztlich die Neugier, die Wissbegierde,
gerade auch der jüngeren Generation in Griechenland.
Ich habe während der europäischen und der Bankenkrise versucht,
damals noch aus der Regierung heraus als parlamentarischer Staatssekretär
im Bundesbildungs- und Forschungsministerium in Partnerschaft mit Griechenland
Projekte auf den Weg zu bringen im Bereich Vocational Training,
also berufliche Bildung.
Und wir haben ein deutsch-griechisches bilaterales Forschungsprogramm
auf den Weg gebracht, um einfach auch jungen Nachwuchswissenschaftlern aus Griechenland,
die im Lande bleiben, gleichzeitig mit den Top-Wissenschaftlern in Deutschland,
zusammenarbeiten und kooperieren, eine Perspektive zu geben,
indem sie mit den Besten aus unserem Land zusammenarbeiten,
aber gleichzeitig ihre Zukunft hier in Griechenland sehen.
Und all das spürt man jetzt, diesen Aufbruchwillen und auch die Bereitschaft,
dieses Land nach vorne zu bringen.
Ich finde, das ist ein sehr ermutigendes Zeichen,
wenngleich natürlich auch Griechenland noch einige Herausforderungen hat.
Herausforderungen ist, glaube ich, ein wichtiges Stichwort,
zwar im Thema deines Besuches, Demokratie, Religion,
aber natürlich auch das Thema, das über allen schwebt,
das Thema Migration.
In Deutschland ist es auch das Thema Nummer eins, wie wir es wahrnehmen.
Es gab Aussagen vom Bundeskanzler über eine veränderte Migrationspolitik.
Man hat es vermehrt.
Stärkere Kontrollen, auch eine große Debatte innerhalb der CDU.
Und das hat natürlich hier auch Auswirkungen auf Griechenland gehabt.
Die griechische Regierung, die griechische Politik hat verfolgt sehr genau,
was Deutschland macht, wie sie es auch innerhalb der Europäischen Union verhält.
Und deswegen natürlich die Frage, was steht jetzt an?
Wie kann man den Menschen in Europa, in Deutschland, Griechenland,
wieder einen Weg zeigen, dass wir die illegale Migration,
Ordnungssteuern begrenzen können?
Also ich glaube, ich nehme eine Botschaft ganz besonders aus den Gesprächen
hier in Griechenland mit nach Deutschland.
Die Lösung und der Lösungsweg, es werden ja mehrere Schritte sein müssen,
sollte und muss eine europäische sein.
Wir müssen schauen, dass wir bei aller Notwendigkeit auch in Deutschland
grundlegende Veränderungen herbeizuführen.
Im Sinne der Ordnung, der Steuerung, der Begrenzung, aber auch der Humanität,
müssen wir schauen, dass wir es mit den europäischen Partnern gemeinsam entwickeln.
Der Zusammenhalt in Europa, aber auch die solidarische Unterstützung gegenseitig
muss von ganz zentraler Bedeutung sein.
Ministerpräsident Kyriakos Mitsitakis sagt das ja auch.
Ja, und wir hören es vielleicht gleich mal kurz an.
Mitsitakis hat sich ja, wie gesagt, geäußert in New York,
am Rande der Konferenz, dass ja die Migration ein großes Thema ist
und dass das eine entsprechende Lösung ist, nur im europäischen Kontext,
auch so, wie du das sagst.
Aber jetzt gibt es natürlich hier Verstimmungen im Land,
die auch uns adressiert wurden in den Gesprächen, dass man natürlich sagt,
die Deutschen schließen die Grenzen einseitig.
Ist das gerechtfertigt, diese Aussage?
Ist auch die Maßnahme, die Deutschland tätigt mit Grenzschließungen,
ist das richtig? Ist das der richtige Weg?
Also ich glaube, die Dinge sind immer komplexer, auch an der Stelle.
Worum es geht, ist, dass wir das, was wir während der Olympiade
ja auch gemacht haben, dass mit Grenzkontrollen an der Grenze
oder auch 30 Kilometer nach der Grenze immer wieder spezifische Kontrollen
von Fahrzeugen und Menschen, die nach Deutschland herein wollen,
stattfinden, also keine Grenzen geschlossen werden,
sondern selbstverständlich die Grenzen offen bleiben.
Aber wir genau schauen, wer kommt und haben diejenigen,
die in das Land nach Deutschland kommen wollen, dazu eine Berechtigung.
Wir haben schon während der Olympiade sehr gute Erfahrungen damit gemacht,
dass die Bundespolizei organisierte Kriminalität, Fläuserkriminelle,
aber auch Drogenkriminalität dort hat feststellen können
und die Leute verhaftet hat.
Es sind viele Haftbefehle ausgesprochen worden.
Also insofern differenziert, zielgerecht, genauer zu schauen,
wer kommt in das Land hinein und liegt dort eine Berechtigung vor.
Ich glaube, das ist ein Weg, der angemessen ist.
In politischen Deutschland haben wir die Schwierigkeit,
dass die Ampelregierung unter Scholz viel angekündigt hat.
Scholz hatte ja eine große Abschiebewelle aus Deutschland angekündigt.
In Wirklichkeit ist gar nichts passiert.
Das ist ein Problem, denn natürlich, wenn Menschen nach einem Verfahren
endgültig abgelehnt worden sind, als eben nicht asylberechtigt
festgestellt worden sind, müssen sie das Land auch eben wieder verlassen.
Wir müssen letztlich es hinbekommen, wie der Altbundespräsident
Johann Gauck das sehr klug formuliert hat.
Wir haben ein offenes und großes Herz, aber die Möglichkeiten sind endlich.
Dieses Spannungsverhältnis hat er meines Erachtens richtig beschrieben.
Wenn wir die Akzeptanz in der deutschen Bevölkerung auch erhalten wollen,
dass diejenigen, die politisch-religiös verfolgt sind,
auch weiterhin aufnehmen können, dann muss klar sein,
dass diejenigen, die aus ganz anderen Gründen illegal oder irregulär
nach Deutschland kommen wollen, nicht bei uns bleiben können.
Diese Differenzierung müssen wir hinbekommen.
Dafür müssen auch entsprechende Maßnahmen getroffen werden.
Dieses Ziel ist ja richtig formuliert, glaube ich.
Das können auch alle EU-Partner so unterschreiben.
Die Frage ist nun genau, wie kommt man dahin?
Ein Vorwurf, der dich in der Medien immer wieder erreicht,
von der griechischen Seite, ist ja, Deutschland will ja alle haben.
Deutschland zieht alle sehr stark an.
Der Ministerpräsident spricht von den Pulverfaktoren,
von dem großen Honigtopf, der in der Mitte steht, von Europa,
so wird er zitiert.
Gibt es da Entwicklungen, wo man sagt, da ist jetzt mal ein Maß erreicht,
wo wir sagen, wir müssen, um genau schauen zu können,
wer kommt zu uns, wen brauchen wir in Europa,
die Arbeitskräfte und wen müssen wir auch, sage ich mal so,
ein Stück weit weniger Leistung zahlen.
Gibt es da Debatten in Deutschland?
Wird da auf die griechische Aussage auch reagiert,
dass da entsprechende Entwicklungen stattfinden?
Also ich finde, wir müssen auf die griechischen Aussagen reagieren,
sie aufnehmen, sie ernst nehmen.
Und generell müssen wir unterscheiden.
Es sind eigentlich zwei ganz verschiedene Bereiche.
Das eine ist die Frage, Deutschland, übrigens Griechenland auch,
braucht Fachkräfte und Menschen, die Potenziale mitbringen,
die Ausbildungshintergründe haben, die entweder in Griechenland
oder eben in Deutschland gebraucht werden auf dem Arbeitsmarkt,
müssen einen vereinfachten, schnelleren Zugang
in den deutschen Arbeitsmarkt haben.
Also in vorhandene, für sie passende Arbeitsplätze.
Das ist die eine Aufgabe.
Die andere Aufgabe ist eine ganz andere.
Wir haben natürlich große Fluchtbewegungen in der Welt.
Und dabei muss man natürlich ehrlich sagen,
natürlich werden wir in Deutschland nicht alle Flüchtende,
die aus ganz unterschiedlichen Motiven unterwegs sind, aufnehmen können,
sondern wir müssen entsprechend auch der Verfassung
der Bundesrepublik Deutschland, Artikel 16a, gewährleisten,
dass diejenigen, die aus politischen, religiösen oder rassistischen Gründen verfolgt sind,
dass die die Möglichkeit haben, einen Asylantrag zu stellen und auch Asyl zu bekommen.
Aber das ist letztlich eine kleine Gruppe, wenn wir das betrachten,
bezogen auf die Gesamtgruppe derjenigen, die im Moment nach Deutschland kommen wollen.
Da werden wir auch vielen sagen müssen, ihr könnt nicht nach Deutschland kommen.
Das ist, glaube ich, auch eine Aufgabe sowohl der deutschen Politik,
die die Bundesregierung bisher nicht erfüllt,
wie auch der europäischen Politik insgesamt,
dass wir auch ein Stück das Signal geben, es kann nicht jeder kommen,
sondern entweder kommt ihr als Fachkräfte über ein eigenes Verfahren
oder ihr müsst klar begründen können, dass ihr politisch, religiös oder rassistisch verfolgt seid.
Die Gruppen können kommen, andere werden nicht kommen können
und die müssen in ihren Heimatregionen bleiben.
Das ist ja genau das Thema des Stichwortes Zusammenarbeit mit den Herkunftsländern,
mit den Transitländern.
Glaubst du, dass da bisher genug getan wird?
Wie können wir auch die Menschen erreichen, dass sie in ihren Herkunftsländern bleiben,
dass sie dort eine Perspektive für sich entwickeln?
Das ist ja eine Forderung, die schon seit 10, 15, 20 Jahren immer wieder erhoben wird.
Ihr habt Zusammenarbeit, Kooperation bei den Fragestellungen,
wie schaffen wir diese Länder, aber auch, wie schaffen wir es,
diese Menschen wieder zurückzubringen in den Ländern?
Da ist ja aus griechenland, aus subjotischer Sicht, wie auch aus deutscher Sicht festzustellen,
das ist noch nicht ganz dort, wo man es haben will.
Das war jetzt sehr höflich formuliert.
Ich will es klarer sagen, ein wichtiges Instrumentarium dabei ist
eine zielgerichtete, konsequente Entwicklungszusammenarbeit mit Ländern,
beispielsweise im arabischen und afrikanischen Raum.
Deshalb ist es eine Katastrophe, dass die jetzige Ampel-Regierung
sowohl die Mittel für die humanitäre Hilfe, also da wo wirklich humanitäre Not,
wegen Dürrekatastrophe oder Erdbeben oder Hungerkatastrophe ausgebrochen ist,
dort werden im Moment von der Ampel die Gelder massivst gekürzt im Außenministerium.
Und auch im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit im BMZ hat die Ampel-Regierung
auch in diesem Haushaltsentwurf für das nächste Jahr
wieder die Mittel um eine weitere Milliarde gekürzt.
Das dritte Jahr hintereinander, dass jeweils eine Milliarde gekürzt wird,
das sind absolute Fehlentscheidungen.
Denn die Entwicklungszusammenarbeit kann einen wichtigen Beitrag dazu leisten,
in den jeweiligen Heimatregionen Menschen eine Ausbildungsperspektive,
eine Qualifizierungsperspektive zu geben und überhaupt eine Perspektive
oder auch überhaupt die Perspektive zu überleben,
wenn eben Hunger oder andere Katastrophen in den Regionen sind.
Und das muss wichtige Aufgabe bleiben.
Wir sind hier in Griechenland, sehr nah am östlichen Mittelmeer,
geografisch natürlich. Wir sehen die Entwicklung im Nahen Osten.
Das waren auch Themen von deinen Gesprächen.
Ist die Europäische Union, speziell Deutschland,
auch auf das, was eventuell kommen wird im Nahen Osten, vorbereitet?
Der mögliche Zusammenbruch des Libanons, Bürgerkrieg, der ausbrechen könnte,
Machtkämpfe innerhalb der Heereswolle.
In Syrien gibt es auch wieder unklare Situationen, Proxy vom Iran.
Fühlst du, dass Deutschland da vorbereitet ist auf mögliche Migrationsströme,
auf mögliche andere Sicherheitsthematiken, die damit einhergehen?
Mein Eindruck ist, dass die Bundesregierung unter Scholz
sich nicht entsprechend vorbereitet hat.
Sie hat weder richtig reagiert auf den völkerrechtswidrigen Angriff Russlands
noch auf die Ukraine.
Da hätte ein konsequentes, frühzeitiges, energisches Reagieren
im Sinne einer klaren Unterstützung der Ukraine viel früher stattfinden müssen.
Auch im Bereich des Nahen Ostens sind eine ganze Reihe von irritierenden Äußerungen
der Außenminister festzustellen. Abstimmungsverhalten der Bundesrepublik
in der UNO bezogen auf Israel, was nicht der Grundhaltung der Unterstützung
des Staates Israel entspricht und der Staatsräson,
die wir eigentlich gemeinsam zu unserer Grundlage definiert haben.
Das erfüllt mich mit großer Sorge, denn wahr ist natürlich,
dass wir alle nicht wissen, wie der Konflikt im Nahen Osten sich weiterentwickelt.
Er hat das Potenzial, große Unruhe, große Flüchtlingsströme auszulösen.
Unser Interesse sollte es auch im Sinne der betroffenen Menschen in der Region sein,
zu einem strukturierten Prozess zu kommen, der, ich sage mal,
Befriedungschancen in der Region eröffnet.
Hier sehe ich bisher noch keine entsprechende Initiative
oder durchgreifende Unterstützungsmaßnahme der Bundesregierung.
Wie könnte aus deiner Sicht solch eine Initiative aussehen?
Ich meine, es gibt immer die Debatten, was passiert mit den Libanon,
was passiert mit den Gaza, wo Israel die Hamas-Führung ausgelöscht hat,
wo sie sagen, die Hamas muss eliminiert werden. Aber was passiert dann?
Kann es UN-Truppen geben? Würden Bundeswehrsoldaten diesen Raum
in irgendeiner Weise als Friedensmacht, als Schutzmacht,
wie wir das in der historischen Öffnung hatten im Nahen Osten,
würden die zur Verfügung stehen?
Ist Deutschland bereit, diese Verantwortung auch zu übernehmen,
im Hintergrund dessen, dass natürlich, wenn man das nicht tut,
eine instabile Region bleibt, die viele Menschen auch zur Flucht treiben wird?
Ich glaube, es ist etwas zu früh, das jetzt schon im Einzelnen zu beantworten.
Aber klar ist ja auch, wenn es eine Zeit nach dem Krieg in Gaza gibt,
muss ja eine Verwaltung und auch eine Autoritätswahrnehmung
in der Region stattfinden. Die wird aber sicherlich in erster Linie
aus palästinensischen oder arabischen Kräften, politischen Kräften
oder Ländern erfolgen müssen. Ich glaube, da sind die Länder,
die in unmittelbarer räumlicher und kultureller Nähe sind,
ganz besonders eingeladen, aber auch gefordert, ihren Beitrag dazu zu leisten,
dass diese Region eine größere Chance auf eine friedliche Entwicklung hat.
Da kann Deutschland unterstützend tätig sein, aber klar ist,
es wäre, glaube ich, richtig, die Reihenfolge zu setzen,
dass der arabische Raum an der Stelle erstmal selber eine Aufgabe hat.
Und ich sage mal, die Länder, die im Erbarungskorps zusammengeschlossen sind,
könnten sicherlich einen Teil dieser Aufgaben mit übernehmen.
Zwischen Griechenland und der Nahen Osten ist die Türkei,
ein herausfordernder Partner, ein schwieriger Partner für Griechenland,
für die EU natürlich auch, wenn man sich auch die Geschichte anschaut.
Und die möglichen Migrationsströme würden natürlich zunächst
auch über die Türkei gehen. Da braucht man keinen Prophet sein
und das entsprechend zu diagnostizieren. Griechenland ist an der Auslösungsgrenze
zur Türkei und wir sehen natürlich steigende Migrationszahlen,
auch aktuell in den Seminaren zur Türkei. Wie können wir es schaffen,
wieder zu einer Partnerschaft oder einer guten Nachbarschaft mit der Türkei zu kommen,
von griechischer Sicht aus betrachtet, dass hier eine stabile Situation entsteht,
die es nicht notwendig macht, dass viele illegale Migranten über die Seegrenze kommen,
dass sie einen Kooperationspartner finden. Welche Signale sind seitens der EU,
seitens Deutschlands vielleicht wichtig, welche Maßnahmen müssen getroffen werden,
um einfach ein gutes Miteinander in der Region zu haben.
Denn man möge sich nur vorstellen, wenn wir jetzt die Situation im Nahen Osten haben,
wir hätten gleichzeitig eine Situation zwischen Griechenland und der Türkei
und des Drucks auch aus der Türkei, die vor anderthalb Jahren mit Überflügen,
mit Bedrohungen, mit Beleidigungen. Ja, wo können wir uns da aufstellen?
Was können wir besser machen, um das Verhältnis zu erhalten?
Zunächst, glaube ich, darf man dankbar feststellen,
dass der griechische Ministerpräsident Mitsotakis es geschafft hat,
mit dem türkischen Präsidenten Erdogan auf einer vernünftigen,
sachorientierten Ebene der Zusammenarbeit eine ganze Reihe von Dingen zu sprechen
und zu verbessern. Damit gibt es immer noch Meinungsunterschiede
zwischen beiden Ländern und beiden Regierungen, aber das ist sehr viel besser geworden.
Man sieht auch, dass weniger territoriale Übergriffe von türkischen Flugzeugen
beispielsweise im griechischen Luftraum stattfinden.
Für die Frage der Flüchtlingsbewältigung, der derzeitigen, aber auch einer eventuell zukünftigen,
möchte ich uns gerne gemeinsam daran erinnern, dass die Bundeskanzlerin Angela Merkel gewesen ist,
die mit dem Abkommen mit der Türkei, Deutschland-Türkei, aber auch Europa mit der Türkei,
eine ganz wesentliche Verbesserung erreicht hat, denn die Flüchtlingszahlen sind rapide runtergegangen
der Flüchtlinge, die schlussendlich nach Deutschland gekommen sind,
nachdem das Abkommen mit der Türkei abgeschlossen worden ist, was selbstverständlich auch beinhaltet hat,
dass wir die Türkei unterstützt haben bei der Bewältigung der Aufgaben und der Lasten,
die mit der Aufnahme von vielen Flüchtlingen, gerade aus Syrien, in der Türkei verbunden gewesen sind.
Das war eine, ja damals nicht ganz unumstrittene Entscheidung dieser Türkei,
dieses Abkommen mit der Türkei, aber es war der richtige Weg.
Und es ist dringend an der Zeit, dass die Ampelregierung mit der Türkei,
bilateral, aber auch im europäischen Zusammenhang, aber auch mit anderen Ländern,
zu entsprechenden Vereinbarungen kommt.
Ja, ich denke, das waren gute Zusammenfassungen auch, glaube ich, im Migrationsbereich.
Es braucht Zusammenarbeit, es braucht Abkommen, es braucht Miteinander.
Und diese Arbeit aus guten Außenpolitikern, die daran vermitteln.
Esther, vielen Dank für Dein Kommen, für Dein Interesse weiter an der Region.
Ich weiß, Du wirst hier weiterhin viele Gespräche für die Zukunft,
um all diese Fragen der Zusammenarbeit und der gemeinsamen Lösung von Aufgaben zu bewältigen.
Eine letzte Frage, die jeder Interviewpartner von Yassas Adamau bekommt,
ist die nämlich nach Deinen Lieblingsinseln hier in Griechenland,
die eine besondere Verbindung mit Griechenland zum Ausflug bringen sollen.
Die Wahl ist schwierig, weil es gibt ja über 2000 Inseln in Griechenland,
aber ich kenne natürlich noch lange nicht alle.
Also ich finde, Spetses hat einen besonders schönen Reiz,
wenn man die alten Seeschifffahrtshäuser dort betrachtet,
die ja doch noch erstaunlich gut erhalten sind.
Das hat eine besondere Ausstrahlung.
Aber ich könnte weitergehen ins griechische Meer.
Türkisblau, Sonne, blauer Himmel mit wunderbaren Menschen,
tolles Essen und sehr liebenswerte Menschen.
Griechenland ist einfach meine zweite Heimat.
Das hört sich schön an, das wird uns freuen.
Im Sinne viel Engagement und auch viel Freude und viel Kraft für Ihre Arbeit im Bundestag weiterhin
für das deutsch-griechische Verhältnis.
Und wir machen jetzt weiter mit den Nachrichten aus der Region.
Griechenland fordert europäischen Plan zur Bewältigung möglicher Flüchtlingsströme aus dem Nahen Osten.
Die griechische Regierung sieht die Notwendigkeit eines umfassenden europäischen Plans
zur Bewältigung möglicher Vertreibungen der Bevölkerung infolge der aktuellen Kriegsentwicklungen im Nahen Osten.
Dies berichtete Anfang der Woche die Tageszeitung Kathimerini
unter Berufung auf Quellen des Ministeriums für Einwanderung und Asyl.
Im Verlauf der Woche tagte in Athen der Regierungsrat für nationale Sicherheit
unter der Leitung von Premierminister Mitsotakis
und befasste sich mit den dramatischen Entwicklungen in der Nachbarregion
und möglichen Auswirkungen auf Griechenland.
Es gibt Berichte über Binnenvertreibungen in Libanon von etwa einer Million Menschen,
heißt es aus Athener Regierungsquellen.
Diese schutzsuchenden Menschen müssten zunächst mit humanitärer Hilfe vor Ort unterstützt werden.
Weiter heißt es in den Berichten, dass, sollte die Notwendigkeit oder der Wunsch nach Umsiedlung bestehen,
diese in einem zweiten Schritt, ähnlich dem Plan für Afghanistan des Jahres 2021, organisiert werden müsse.
Damals wurden etwa 550 afghanische Staatsangehörige,
die durch die Machtübernahme der Taliban in Gefahr geraten waren,
nach Griechenland gebracht, andere fanden in anderen europäischen Ländern Schutz.
Auf europäischer Ebene wird derzeit die Möglichkeit diskutiert,
in Zypern eine Auffangstation für Schutzsuchende einzurichten.
Von dort aus könnte die Verteilung der Menschen auf andere Mitgliedsstaaten organisiert werden.
Dieser Verteilungsplan sollte unverzöglich erarbeitet werden, betonte die Athener Quelle.
Die griechische Regierung will eine Situation wie 2015 vermeiden,
als 1,5 Millionen Flüchtlinge durch Griechenland zogen.
Wir sollten darauf bestehen, dass dies ein potenzielles europäisches Problem
und nicht nur eine griechische Herausforderung ist.
Zypern feiert 64. Jahrestag der Republik mit Militärparade in Nicosia.
Am Dienstag fand in Nicosia die traditionelle Militärparade
zum 64. Jahrestag der Ausrufung der Republik Zypern statt,
begleitet von 21 Salutschüssen.
Laut Verteidigungsministerium wurde die Parade von Staatspräsident Nikos Christodoulidis
in Anwesenheit der griechischen Staatspräsidentin Katharina Sagelaropoulou
unterstützt von Verteidigungsminister Vassilis Palmas,
dem stellvertretenden Verteidigungsminister Ioannis Kefalouiannis
sowie dem Chef der Nationalgarde Generalleutnant Georgos Tsitsikostas abgenommen.
An der Parade nahmen auch internationale Gäste teil,
darunter Botschafter und Verteidigungsattachés aus verschiedenen Ländern.
Zusätzlich wurde die Parade von einem britischen Flugzeug unterstützt.
Die Veranstaltung fand unter großer Beteiligung der Öffentlichkeit statt
und unterstrich die enge Zusammenarbeit zwischen Zypern und seinen internationalen Partnern.
Und das waren die Nachrichten aus der Region mit der Olga.
Ja, Olga, du hattest mir versprochen, einen goldenen Ausblick zu geben.
Was ist denn golden jetzt hier im Oktober?
Marian, Oktoberfest.
Hm, München.
Nein, nein, nein, nein, nein, nein.
Da wäre ich jetzt sehr gerne, muss ich sagen.
Ja, aber wir haben die Möglichkeit, bereits schon seit Donnerstag,
ist nämlich das Oktoberfest sogar bei uns in Athen.
Wow.
Endet heute.
Und es sind ganz, ganz viele Fässer sogar aus Bayern angekommen,
mit sehr, sehr viel Bier und natürlich mit den Maßkrügen dazu.
Wunderbar, also da können wir uns freuen. Gehst du auch hin?
Natürlich.
Na, dann gehen wir doch zusammen, würde ich sagen.
Also, meine Damen und Herren, liebe Hörerinnen und Hörer,
wir, die Olga und ich, wir gehen jetzt gleich auf das München Oktoberfest in Athen
und wir sind damit am Ende von Jassas Adenauer angekommen.
Wir bedanken uns ganz herzlich fürs Zuhören,
möchten uns bei Herrn Abgeordneten Rache für das Interview bedanken,
würden uns freuen, wenn Sie unseren Podcast abonnieren,
eine Bewertung abgeben und gerne auch die Glocke bei Spotify aktivieren.
Redaktion Vassilis Caridas-Infantis, Produktion Studio Schumann-Leipzig,
Sprecher Olga Zotzoku und Marian Wendt.
Und wir sagen Jassas und Prost.
Prost.
Prost.
Aus Athen.
Untertitel der Amara.org-Community
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