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#26 „Wir müssen vor die Lage kommen“ - Waldbrände in Griechenland und Europa

Gespräch mit Krisenexperten Albrecht Brömme

02.02.2025 31 min

Zusammenfassung & Show Notes

In dieser Folge von "Yiasas Adenauer" spricht Marian Wendt, Leiter der Konrad-Adenauer-Stiftung in Athen, mit Albrecht Brömme, einem der führenden deutschen Krisenexperten. Brömme war an der Bewältigung nahezu aller großen nationalen Katastrophenschutzlagen der letzten Jahre beteiligt und bringt umfassende Expertise mit.
Gemeinsam analysieren sie die Herausforderungen und Chancen der Waldbrandbekämpfung in Europa. Warum kann Deutschland von Griechenland lernen – und umgekehrt? Welche Rolle spielen Prävention, frühzeitige Erkennung und eine effektive Einsatzsteuerung? Wie könnte eine zentralere Struktur für den Katastrophenschutz aussehen?

Schwerpunkte im Gespräch
✅ Die bisher zögerliche Reaktion Deutschlands auf Hilfsanfragen
✅ Die Notwendigkeit einer stärkeren EU-weiten Zusammenarbeit
✅ Schnelle Löschmaßnahmen und der Einsatz moderner Technologien wie Satelliten und Detektoren
✅ Fortschritte in Griechenland bei der Wiederaufforstung und dem Umgang mit abgebrannten Flächen
✅ Die Bedeutung von Schulungen, Übungen und politischer Sensibilisierung für den Katastrophenschutz

📩 Fragen, Anregungen oder Feedback? Schreib uns an yiasasadenauer@kas.de!

Transkript

Was kann Deutschland von Griechenlands Waldbränden lernen? Wie gut funktioniert Europas Zusammenarbeit im Katastrophenschutz? Können Drohnen und KI Waldbrände stoppen? Um all diese Fragen soll es heute zentral bei Yiasas Adenauer, dem Podcast für Griechenland und der Region gehen. Und damit zunächst ein herzliches Willkommen hier aus Athen. Mein Name ist Maren Wendt und ich leite das Auslandsbüro der Konrad-Adenauer-Stiftung für Griechenland und Zypern. Unser neues Format scheint euch zu gefallen und damit sende ich einen besonderen Gruß an Efstratius Petrelles, der uns gerne auf dem Weg zu seinen Kunden hört. Er hat uns über LinkedIn geschrieben und ein Foto hinterlassen. Und deshalb meine Frage an euch, schreibt uns doch einmal, wo ihr gerne unseren Podcast hört. Gerne an yiasasadenauer@kas.de eine E-Mail. Auch wenn jetzt tiefer Winter ist. Im Januar und der Sommer ganz weit weg zu sein scheint, wollen wir uns mit dem Thema Waldbrände beschäftigen. Denn gerade jetzt im Winter bereitet man sich vor, kann man Strukturen anpassen, kann entsprechende Vorkehrungen treffen, um auch künftige Waldbrände zu verhindern. Die Zahlen des letzten Jahres für Griechenland sind raus. Wir beschäftigen uns mit diesen und wir stellen uns auch die Frage, wie gesagt, was kann Griechenland von Deutschland lernen, was kann Griechenland auch an Hilfe bekommen. Und wo kann Deutschland von Griechenland auch lernen. Unser Interviewgast dazu ist Albrecht Brömme. Er war Präsident des Technischen Hilfswerkes in Deutschland und 14 Jahre lang davor Chef der Berliner Feuerwehr. Er hat auch eine besondere Beziehung zu Griechenland und was diese ist, das erfahrt ihr dann später im Interview. Aber auch innenpolitisch ist viel passiert in Griechenland. Ein neuer Präsident wird gewählt und das Zug und Glück von Demby bringt wieder viele Menschen auf die Straße, weil es sehr viele Unklarheiten gibt in der Aufarbeitung. Dazu aber mehr jetzt in den Nachrichten, wie immer von der Olga.
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00:02:17
Landesweite Proteste nach dem Demby-Zug und Glück Am letzten Sonntag kam es landesweit zu großen Protesten gegen den Umgang der Regierung mit der Tragödie von Demby, bei der vor knapp zwei Jahren 57 Menschen ums Leben kamen. Neue Nachrichten, wonach ein beteiligter Güterzug verbotene Stoffe transportierte, brachte die Menschen auf die Straße. Die Proteste mobilisierten auch die Oppositionsparteien. Syriza-Chef Sokratis Famelos sucht den Schulterschluss mit anderen progressiven Kräften, wie der PASOK, der Neuen Linken und des Kurses der Freiheit, um gemeinsam auf eine Aufarbeitung des Unglücks zu drängen. PASOK-Chef Niko Sandrulakis kritisierte die staatliche Rundfunkanstalt ERD und fordert rasche Ermittlungen. Der Chef der Neuen Linken, Alexis Charitsis, spricht von einer gesellschaftlichen Front, gegen die Regierung, während Zoe Constantopoulou von der Partei Kurs der Freiheit die Bestrafung der Verantwortlichen verlangt. Kabinettsumbildung nach Wahl des neuen Präsidenten erwartet Die politischen Entwicklungen und die jüngsten Proteste zum Demby-Unglück beeinflussen offenbar auch die politischen Planungen der Regierung. Eine geplante Kabinettsumbildung soll nun erst nach der Vereidigung des neuen Präsidenten der Republik erfolgen. Die griechische Tageszeitung Gathimerini berichtet, dass es dabei weniger um die Beachtung verschiedener politischer Strömungen als vielmehr um die Auswahl von Mitgliedern geht, die die Regierungsarbeit effizient vorantreiben können. Ein zentrales Ziel bleibt die Wahrung des politischen Gleichgewichts in der Mitte. Nach der Aufwertung zentristischer Politiker prüft die Regierung auch die Einbindung neuer parlamentarischer Politiker. Die Regierungsarbeit wird mit Spannung erwartet, welche Veränderungen die Umbildung mit sich bringen wird und welche Minister eventuell entlassen werden.
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00:04:21
Und dann mal die Nachrichten hier aus Griechenland von der Olga. Es ist sicherlich zur Zeit im Januar keine Waldbrandsaison hier in Griechenland und im östlichen Mittelmeer, aber das Thema wird wieder auf die Tagesordnung kommen. Der nächste heiße Sommer kommt bestimmt und damit auch wieder Waldbrände. Allein im letzten Jahr gab es über 8.500 Waldbrände allein in Griechenland. Und wir wollen uns nun mit Albrecht Brömme unterhalten über dieses Thema. Was kann Deutschland daraus lernen? Wie kann man die Vorsorge verbessern? Und auch wie kann man vielleicht künftig die Zahl oder die Schadenshöhe noch mehr verringern? Lieber Albrecht, schön, dass du bei mir bist. Schön, dich zu hören. Du bist zugeschaltet aus Deutschland, aus Berlin, glaube ich. Da bist du gerade. Ich bin gerade. Ich bin sogar in Berlin-Köpenick, einem schönen Teil Berlins. Albrecht und ich, wir sind beide im THW. Ich als einfacher Kamerad, er als Ehrenpräsident. Und Albrecht Brömme war von 2006 bis 2019 Präsident des THW, ist jetzt Ehrenpräsident. Und davor war er 14 Jahre lang Leiter der Berliner Feuerwehr. Er kennt sich also bestens mit Katastrophenschutz, mit Feuerwehr, mit Zivilschutz, mit Brandschutz aus. Und deswegen zeige ich auch die erste Frage, Albrecht, mit einem gewissen Abstand, mit einem gewissen Abstand auch zu deiner aktiven Zeit und auch mit einer starken Verbindung nach Griechenland. Wie würdest du einschätzen, sind die Lehren, die Deutschland aus den Erkenntnissen der Waldbrände, die hier sind, erziehen kann? Was muss Deutschland vielleicht auch besser machen? Denn auch in Deutschland wird es trockener, gerade in Ostdeutschland. Auch in Deutschland gibt es mehr Wald- und Vegetationsbrände.
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00:06:01
Also es gab jahrelang eine Aussage, die eine gewisse Berechtigung, gehabt haben mag, dass nämlich Griechenland von Deutschland lernen kann, wie man Feuer ausmacht. Allgemeiner Begriff. Natürlich reden wir jetzt hier über Vegetationsbrände, so sagt der Fachmann, der Laie sagt, Waldbrände. Inzwischen ist es aber umgekehrt. Griechenland hat sehr viel gelernt, auch was man an Prävention tun muss. Und das ist ein ganz wichtiger Aspekt bei den Vegetationsbränden. Das sieht man übrigens jetzt aktuell auch in den USA. Was dafür ein Debakel besteht, wenn man sich darum überhaupt nicht kümmert. Und inzwischen kann auch wiederum umgekehrt, und das ist bei der Europäischen Union ganz normal im Katastrophenschutz, da lernt jeder vom anderen und mit dem anderen gemeinsam. Und das Gemeinsame ist das, was wir auch noch viel mehr brauchen. Und wenn ich sehe, dass Griechenland um Hilfe gebeten hatte bei der EU und Deutschland bietet irgendein kleines Flugzeug an. Und das war alles. Da muss ich sagen, das ist eigentlich nicht die Kooperation, wie ich mir sie als ein treuer Anhänger der Europäischen Union wünsche.
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00:07:19
MARKUS TRANTOW Du sprichst gerade auch einen Kritikpunkt an. Wir können auch, denke ich, schon nicht so weit bleiben. Richtig. Es gibt den EU-Mechanismus, über den kann man im Rahmen der Europäischen Union und der sich angeschlossenen Länder, das sind nicht nur EU-Länder mit dabei, kann ein jeweiliges Land in einem Katastrophenfall konkret definierte Hilfe geben. MARKUS TRANTOW Und das ist ein ganz wichtiger Punkt. Die EU-Konferenz hat sich in den letzten Jahren auch sehr viel verantworten. Löschzüge, in dem Fall Hubschrauber, logistische Elemente. Und Deutschland war da bisher immer sehr schwerfällig. Das sehe ich selber auch. Die Anfragen gingen raus, aber die schnellen Antworten und auch das Material kam dann aus Frankreich, kam dann aus Rumänien, Italien, den Nachbarländern, aus Tschechien. Aber Deutschland hat, wie gesagt, immer sehr zurückhaltend reagiert. Das ist zumindest nicht, was man erwartet, wenn man bedenkt, dass er alleine in Deutschland ca. 80.000 Freunde hat. Weil da Fahrzeuge stationiert sind und über 1,8 Millionen Menschen im Zivilkatastrophen- und Brandschutz aktiv sind. Woran, glaubst du, liegt das? Was müsste man da verbessern? Liegt es am Willen? Liegt es an der Bereitschaft? Ist Griechenland irgendwie zu weit weg? Seht man da keinen Vorteil?
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00:08:29
MARKUS TRANTOW Naja, Deutschland ist kein unmittelbares Nachbarland von Griechenland. Und es gibt schon im Prinzip Nachbarn helfen Nachbarn. Das funktioniert auch am schnellsten und am reibungslosesten. Ich denke, dass es in Deutschland, und ich weiß, dass es in Deutschland viele Menschen gibt, die Griechenland gerne helfen würden. Und nicht nur, weil sie dort ihren Urlaub verbringen, so wie das auch bei mir der Fall war, mit noch anderen Assoziationen zu diesem Land, sondern es ist eine gewisse Hilflosigkeit, dass man sagt, wie müssen wir uns organisieren, damit wir eine effektive Hilfe bieten können. TRANTOW Ich sage mal ein Beispiel, was jetzt nicht Griechenland war. Es gab in Schweden große Waldbrände. Und da hatte Schweden auch die EU um Hilfe gebeten. Und da hat dann Deutschland ein Kontingent mit Fahrzeugen bereitgestellt, die nach Schweden gefahren sind. Dann kommen natürlich kommunale Feuerwehren und sagen, wie ist denn eigentlich unser Fahrzeug im Ausland versichert? In der Regel gar nicht. Beim THW zum Beispiel ist das gar kein Thema, weil es so den ureigensten Aufgaben des THW gibt, gehört auch im Ausland, helfen zu können. Dann ist die Frage, ja und wer versorgt uns? Und kriegen wir abends vielleicht auch ein Bier oder nicht? Und solche Fragen kommen dann. Und dann kommt so eine Horde, das meine ich jetzt eher kameradschaftlich, von Kameraden an und will helfen. Hat natürlich erstmal Hunger, will wissen, wo sie übernachten können. Und dann sind wir sehr schnell bei ganz biederen logistischen Fragen. Und das kann man nur sauber. Das kann man nur sauber lösen, indem man im Vorfeld Planung macht, auch mal Übung macht innerhalb von Deutschlands oder mit Nachbarstaaten oder auf EU-Ebene. Und das findet bislang kaum statt. In Deutschland gab es die erste, die allererste Übung, wo EU-Einheiten auf deutschem Boden geübt haben in Baden-Württemberg. Da wurde ein Erdbeben geübt. Das war letztes Jahr im August oder September, glaube ich. Die allererste Übung. Die allererste Übung vorher hat sich Deutschland mit einzelnen Einheiten beteiligt. Übrigens allen voran das THW, was da an den Punkten für seine Aufgaben gut aufgestellt ist. Und da muss ich sagen, das ist der richtige Weg. Aber das ist noch sehr, sehr wenig für das, was es in Deutschland an Potenzial gibt. Das Potenzial an Feuerwehrleuten, insbesondere Freiwilligen, das ist in Griechenland noch stark ausbaufähig. Da kann Griechenland zweifeln. Da kann Griechenland was von Deutschland lernen. Da gibt es aber auch die ersten guten Wege und erfreulichen Schritte. Es ist auch eine Frage von Rechtsgrundlagen und von anderen Formalien in Griechenland. Und ich glaube, Griechenland hat einen Weg eingeschlagen, der ähnlich, der wird nicht genauso sein wie in Deutschland. Da kann Deutschland schon mal vom Prinzip her ein Vorbild sein. Aber das Thema Waldbrände oder Vegetationsbrände war auch innerhalb von Deutschland nie ein großes Thema. Immer nach dem Motto, wir kriegen die alle irgendwie aus. Und erst im Zusammenhang mit munitionsbelasteten Flächen, wie in Mecklenburg-Vorpommern oder Brandenburg. In Brandenburg ist jeder vierte Quadratmeter Waldboden, egal wem der gehört, munitionsbelastet. Und da sind riesige Einschränkungen bei der Brandbekämpfung. Und wenn man da Feuerwehrleute hinschickt, dann kann das den sicheren Tod bedeuten, wenn da gerade Munitions explodiert, was bei einem Brand natürlich sehr wahrscheinlich ist, auch wenn sie schon lange da im Boden sind. Das haben wir in Griechenland nicht als Problem. In Griechenland haben wir eher das Problem, dass diese Nadelbäume, die explosionsartig dann abbrennen, wenn es mal brennt, dass die also eben zu einer großen Ausbreitung des Feuers führen und zu einer raschen Ausbreitung. Ich war zufällig einen Tag nach dem Brand von Marti bei Athen, war ich in Athen, weil ich da Termine hatte und hatte auch mit zwei Feuerwehrleuten gesprochen. Die bei dem Brandeinsatz dabei waren.
SPEAKER_02
00:12:42
Ich muss dazu sagen, Marti war 2018, das war eine Katastrophe, wo mehr als 100 Menschen gestorben sind. Das ist ein Brand bei Athen gewesen. Und da haben wir die Herausforderung gehabt, dass es keine Feuerwehrkräfte gab am Anfang, weil sie gebunden waren an einem anderen Einsatz. Und es auch diese sehr starken, heißen Winde gab mit sechs, sieben, acht Windstärken, die über den Berg das Feuer in Minutenschnelle quasi gebracht haben.
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00:13:09
Ja, und es gibt immer wieder mal auch Ereignisse, die laufen aus dem Ruder, wie auch aktuell in Kalifornien das der Fall ist oder war. Es ist noch nicht ganz unter Kontrolle. Und selbst Leute, die viel Erfahrung haben, die wissen, ja, ich sehe dann abends am Horizont, da brennt es in den Bergen, da lasse es da brennen und ich bin ja noch weit genug weg. Es kann sein, dass in wenigen Stunden der Brand bei denen vor der Tür steht. Und wenn dann die Menschen nicht gelernt haben, dass es da brennt, dass eine Evakuierungsaufforderung auch ernst genommen werden muss, dann kann sie das Fleisch mit dem Leben bezahlen. Und Vegetationsbrände können sich so schnell ausbreiten, dass man auch nicht davor wegrennen kann. Selbst mit dem Auto kann das wegfahren unmöglich sein, je nachdem wie die Evakuierungsrouten funktionieren. Oder wenn sie verstopft sind oder ein Unfall kann allen egal ausmachen. Oder wenn die Sicht durch Rauchentwicklung genommen wird, kann man auch nicht mehr weiterfahren. Also es. Liegt in der Abwehr die große Chance, wie sind die Feuerwehren organisiert? Und da wird in Griechenland schon ewig lange mit Löschflugzeugen gearbeitet. Da hat man die in Berlin noch von Seiten des Feuerwehrverbandes und der Innenminister der Länder kategorisch abgelehnt. Nach dem Motto, brauchen wir hier nicht, wollen wir nicht. Gott sei Dank hat es da auch ein Umdenken in Deutschland angefangen. Die EU suchte einen Platz, wo Flugzeuge stationiert werden können in Deutschland. Weil sie sagen, wir brauchen auch nördlich der Alpen einen guten Standort. Will das Deutschland nicht machen? Und also so richtig der Durchbruch ist damit noch nicht gelungen. Aber es sind immerhin mal die ersten Einsichten. Und meine große Sorge ist, dass etwas, was mein alter, mein erster Chef, als ich DHW-Präsident wurde, mal gesagt hat, das war der leider verstorbene Dr. Wolfgang Schäuble, der hat gesagt, merken Sie sich das. Es muss immer erst was passieren. Und da muss ich sagen, leider hat er recht, aber geht es denn nicht auch anders?
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00:15:16
Das ist ja eigentlich unser Ziel, auch im Rahmen der europäischen Zusammenarbeit zu sensibilisieren, zu zeigen, wo können Probleme erwachsen. Der Klimawandel wird dazu führen, dass es auch in Deutschland trockener wird. Wir sehen die Auswirkungen bereits im Süden Europas. Hier gibt es Vorkehrungen im Bereich Prävention, auch im Bereich der Hubschrauber. Da hat auch, glaube ich, die Regierung von mir zu Tag, ist doch in den letzten beiden Jahren viel gemacht. Also ich will mal eine Zahl nennen. Wir haben in der letzten Waldbrandsaison 2024 bis zu 90 fliegende Einheiten gehabt, also Hubschrauber und Löschflugzeuge, die hier stationiert waren, die disloziert waren. Das waren staatliche, das waren angemietete, private Einheiten von Vorlöschfirmen, die es weltweit gibt. Und das hat dazu geführt, dass hier so die Zeit zwischen Erkennung, Detektion des Waldbrandes und dem Einsatz, Stichwort Feuer, aus, zwischen fünfeinhalb und sechs Stunden gewesen sind. Es gibt Brände, da war nach zehn Minuten nach Erkennung durch, mittels Drohnen, mittels Feuerwachturm, mittels Anruf, war schon das erste Löschflugzeug vor Ort. Und das ist natürlich eine sehr effiziente Brandbekämpfung aus meiner Sicht, weil man da das Feuer im Keim erstickt und nicht erst wartet, bis es ein Aufwachsen der Einheiten gibt. Da die Frage natürlich, du bist da natürlich sehr diplomatisch auch unterwegs. Wir wissen ja, dass die Feuerwehren kommunal organisiert sind. Und dann geht das von unten nach oben, baut sich dann so eine Einsatzhierarchie auf. Wenn das immer größer wird, dann kommen weitere Einheiten und bist dann der Erste auf den Gedanken, wir brauchen einen Hubschrauber, den wir beim Bund anfordern müssen oder beim Land. Dann vergeht halt Zeit. Glaubst du, es muss da beim Thema Waldbrandbekämpfung eine neue Struktur geben, wie in Griechenland, wo das zentralstaatlich organisiert ist? Und das in Athen, die Erkennung, die Detektion, die Alarmierung, die Koordinierung der Einsatzkräfte. Was glaubst du, ist da auch eine Lehre, die man vielleicht ziehen müsste und könnte?
SPEAKER_01
00:17:17
Also ich bin kein Freund des Zentralismus, weil auch schon der Begriff eher abschreckend ist. Aber ich bin ein Freund von gut organisierten dezentralen Strukturen. Also auf Länderebene, also für Niedersachsen, für Brandenburg, die auch Mecklenburg-Vorpommern, die auch leidvolle Erfahrungen mit Waldbränden oder Vegetationsbränden haben, die müssen sehr schnell dann sowas zentralisieren, den Einsatz, die Einsatzsteuerung, vor allem auch um Ablösung und ähnliche Dinge, Bereitstellungsräume zu organisieren. Das muss natürlich auch vorbereitet sein. Und da wird immer in Deutschland sehr schnell die Frage auf, ja, wenn wir jetzt da den Katastrophenalarm auslösen, nehmen wir mal an, das wäre das Instrument, muss es aber nicht sein, das kann ich auch über Einsatzpläne anders regeln, dann entstehen ja Kosten, die wir übernehmen müssen. Da kann ich nur sagen, die Kostenfrage, da müssen Juristen... Die Kosten, die muss man vor dem Einsatz klären und dann sieht man eine Karte und dann weiß man, wer was zu bezahlen hat. Es kann nicht nur nach dem Prinzip gehen, wer bestellt, bezahlt. Es gibt ja auch die Waldbrandbesitzer, es gibt Eigentümer. In Deutschland ist nur 4% des Waldes auf Bundeseigentum, dann gibt es Landesforsten und dann gibt es die vielen Privatforsten. Und in Griechenland ist ein großer Eigentümer von Flächen, ist ja die Kirche, bekanntermaßen. Da muss man mit denen auch... Also ich glaube, man muss im Vorfeld vieles bereden, wenn es eben noch nicht brennt, damit man im Falle eines Brandes viel effizienter und auch rechtlich abgesichert handeln kann. Die Feuerwehrleute sind letztens immer die Doofen, ich sage das mal so etwas salopp, die dann das Feuer ausmachen müssen und es ihr letztes geben, um noch Schlimmeres zu verhindern. Und wenn man als Feuerwehrmann sieht, dass man mit Prävention und mit einer besseren Detektion, die so eine Eskalation deutlich verhindern könnte, du hast es ja eben gesagt, die frühe Detektion ist das A und O. Und da gibt es inzwischen auch schon vollzogene Forschungsprojekte. Ich kenne also ein Verfahren, da werden im Wald, also alle paar hundert Meter wird so ein Detektor an einen Baum genagelt. Und der detektiert einen Brand, bevor er brennt. Nämlich da gibt es bestimmte Schwelprodukte, die fangen dann an zu schwelen. Natürlich, wenn jetzt einer einen Benzinkanister ausschüttet, dann hat man gleich den Brandbrenner. Aber das ist ja gar nicht immer der Fall. Und wenn man in der Detektion immer intelligenter wird und immer versucht, vor die Lage zu kommen, mit einer Satelliten-Detektion, kann ich manche Brände um drei, vier Stunden früher erkennen, als sie auch vom Wachtturm aus erkennbar ist. Weil von dem Feuerbeobachtungs-Turm oder von der Drohne kann ich ja erst etwas sehen, wenn schon ein gewisses Maß an Rauch aufsteigt. Aber wenn sich ein Hitzespot, ein Hotspot entwickelt, von oben aus einem Satellit, mit diesen hohen Auflösungen, die es inzwischen gibt, kann man viel mehr noch machen. Also da ist noch längst nicht alles ausgereizt. Und da wünsche ich mir sehr, dass Griechenland im eigenen Interesse das weiter vorantreibt. Dann wird dann Deutschland auch von diesem Punkt dann dran gewinnen. Obwohl das Deutsche Luft- und Raumfahrtzentrum ja da sehr privilegiert ist. Und sehr gut eigentlich Bescheid weiß. Aber die einzelne Dorffeuerwehr, die weiß ja nicht, wie es an Satellitendaten, das DLR, rankommt. Muss es auch nicht wissen. Das müssen aber die Landesministerien dann eben wissen. Und müssen das den Dorffeuerwehren zur Verfügung stellen. Wenn es nur ansatzweise dazu kommt oder dazu kommen könnte. Also wir müssen noch schneller bereit sein, die Lage sehr präzise zu beobachten. Und Detektionsmöglichkeiten sind heute mehrfach besser als noch vor zehn Jahren. Geschweige denn vor 30 Jahren. Das ist der erste Punkt. Und da gibt es auch Verfahren, die noch gar nicht allgemein bekannt sind. Aber schon sehr gut funktionieren. Und dann muss natürlich auch die Steuerung der Einheiten, auch über Satelliten oder über Drohnen. In Griechenland werden auch schon viele Drohnen eingesetzt zur reinen Beobachtung. Was in Deutschland noch kaum stattfindet.
SPEAKER_02
00:21:38
Das ist auf jeden Fall so. Das kann ich bestätigen. Wir hatten hier, die Zahlen zeigen das. Wir hatten 8500 Brände circa, die detektiert wurden. Das hängt natürlich auch, das sind zwar viel mehr Brände als das Jahr davor. Aber ich glaube, wenn man mehr Aufklärungstechnik im Raum hat, erkennt man auch viel mehr Brände, die vielleicht früher einfach wieder ausgegangen sind. Die hat gar keiner erfasst. Und jetzt werden sie erfasst, dann werden sie registriert. Also werden sie auch statistisch gezählt. Und dabei hatten wir bei mehr Bränden, sind auch noch 20%. Sogar 20% der Fläche verbrannt, wie im Jahr davor. Und das ist halt diese spannende Korrelation, wo wir ja hinwollen. Wir haben mehr Potenzial eines Brandes, aber wir haben viel weniger Fläche, weil viel schneller erkannt wird und auch dann effizient natürlich gelöscht wird. Und ich glaube, das ist ein Punkt, den wir transferieren wollen.
SPEAKER_01
00:22:29
Also das muss jedem, auch der Politik und auch der Bevölkerung klar sein. Achtung, wenn jetzt viele Brände detektiert werden. Ist es natürlich auch ein Warnzeichen. Aber wenn sie rechtzeitig detektiert werden, führt das nicht immer zu einem dramatischen Brand, in der Regel sogar nicht. Also die Anzahl der detektierten Brände darf ruhig hoch sein, wenn die Flächen, die abbrennen, möglichst gering ist. Und da gibt es in den letzten Jahren in Griechenland wunderbare Fortschritte. Und zum Beispiel auch nach der Wiederaufforstung. Oder was mache ich mit einer abgebrannten Fläche? Früher galt in Griechenland so. Ein schreckliches Gesetz, dass es dann Bauland wurde. Das war natürlich für manch einen Grund, dass der Abbrand ganz nützlich war, weil dann der Wert des Bodens erheblich gestiegen ist. Auch das hat man in Griechenland geändert. Das hat lang genug gedauert, aber es wurde geändert. Was passiert mit einer abgebrannten Fläche? Pflanze ich da die gleichen Pflanzen wieder an oder baue ich von vornherein Feuerregel ein? Wie kann ich die Bodenerosion verhindern? So lange, bis das wieder begrünt ist. Also da gibt es viele Dinge, wo auch das THW übrigens schon beraten hat. Gerade auch in Griechenland nach großen Bretten auf den Peloponnes zum Beispiel. Und so kann aber nochmal an vielen Dingen, auf vielen Details, können wir auf europäischer Ebene noch sehr viel voneinander lernen. Und die Einsätze der Rescue-Einheiten, das ist sozusagen das, was wir zum Schluss auch noch brauchen. Aber in der Prävention, in der Übung, in der Schulung. Im Erfahrungsaustausch, da kann ich nur sehr appellieren, macht noch viel, viel mehr. Da gibt es auch in allen Ländern ausgesprochene Fachleute. Und es ist manchmal schon erschreckend, wenn man sagt, wenn man sieht, wie vor real existierenden Gefahren die Politik die Augen verschließt. Ich habe mal in Israel da eine Erfahrung gemacht. Da habe ich gesagt, Leute, wir müssen doch mal auch über die Vegetationsbrände reden, also über Waldbrände. Da haben die mir gesagt, also auch von höchster politischer Stelle, haben wir gesagt, also darüber reden wir gar nicht, weil die haben wir immer im Griff. Und dann passiert, vier Wochen nachdem mir versichert wurde, dass die immer im Griff haben, gab es einen Brand, wo 50 Polizisten und Gefangene in einem Bus verbrannt sind, weil die Evakuierung eines Gefängnisses, was in so einem Gebiet lag, nicht funktioniert hat. Und dann habe ich, ich habe noch nicht gesagt, äh, jetzt habe ich aber doch... Ich habe auch gesagt, kümmert euch mal um Vegetationsbrände, sowas tut man dann auch nicht. Aber dann bin ich wieder bei Wolfgang Schäuble, es muss erst was passieren, dass was passiert.
SPEAKER_02
00:25:17
Wir hoffen, dass es vielleicht doch dieser Aufruf, dein Appell stärker gehört wird. Bundestagswahlen sind ja auch immer eine Möglichkeit, die jetzt in Deutschland stattfinden, dass man das aufgreift, dass da auch Beschlüsse kommen in Koalitionsvereinbarungen, die da dezidiert werden und auch umgesetzt werden. Dafür erstmal vielen Dank, lieber Albrecht. Vielen Dank für deine Zeit, für diesen Appell und auch für deinen Einsatz. Und bei uns, beim Podcast Yassas Adanao, der Podcast für Griechenland und unsere Region, gibt es immer eine letzte Frage an unseren Gast. Und ich weiß ja, für dich wird die Frage vielleicht sehr einfach zu beantworten sein, weil du eine besondere Beziehung nach Griechenland hast. Aber was ist denn deine Lieblingsinsel hier in Griechenland?
SPEAKER_01
00:25:57
Na, das will ich auch an dieser Stelle sagen. Es ist natürlich Asti Palaia. Asti Palaia zeichnet sich durch mehrere Umstände aus. Einmal ist es seit Tausenden von Jahren besiedelt. Man findet immer wieder neue Beweise dafür. Und zum anderen gibt es dort eine freiwillige Feuerwehr, die ich auch persönlich gelegentlich mit Gaben und mit Unterricht unterstütze.
SPEAKER_02
00:26:18
Du hast da eine besondere Beziehung und dafür auch weiterhin viel Freude. Ich hoffe, du kannst bald wieder mal nach Asti Palaia reisen oder nach Griechenland. Ich freue mich, wenn wir uns sehen. Dir erstmal vielen Dank für deine Zeit. Viele Grüße nach Berlin. Wiederhören, ciao. Und wir machen jetzt weiter hier mit den Nachrichten aus Griechenland mit der Olga.
SPEAKER_00
00:26:41
Griechenland strafft Streitkräfte. Fast 800 Offiziere in den Ruhestand versetzt. In Griechenland hat das Verteidigungsministerium in der letzten Woche eine umfassende Reform der Streitkräfte eingeleitet. Verteidigungsminister Nikos Zendias ordnete die Versetzung von insgesamt 793 hochrangigen Offizieren in den Ruhestand an. Ziel der Maßnahme ist es, die Hierarchie zu straffen und die Zahl der Führungsoffiziere, zu reduzieren, um eine flexiblere und effizientere Streitkräftestruktur zu schaffen. Die Zahlen verdeutlichen die Problematik. In der Marine dienten bislang 595 Kapitäne, obwohl die Flotte nur 130 Schiffe umfasst. Im Heer gab es 1.663 Oberste, obwohl lediglich 585 entsprechende Planstellen existieren. Betroffen von den Kürzungen sind unter anderem 36 Brigade-Generale des Heeres, 191 Kapitäne der Marine und 185 Oberste der Luftwaffe. Die Umstrukturierung soll nicht nur Kosten senken, sondern auch die Gehälter des aktiven Personals verbessern und Beförderungsprozesse transparenter gestalten. Gleichzeitig wird die Schließung von 137 Kapitänen der Sernen vorangetrieben, wodurch rund 3.500 Hektar für andere Nutzungen freigesetzt werden. Mit diesen Maßnahmen will die griechische Regierung ihre Streitkräfte moderner und schlagkräftiger aufstellen. Kirche und Staat kooperieren Neue Wohnungen für junge Menschen geplant Die griechische Regierung und die orthodoxe Kirche wollen gemeinsam neue Wohnmöglichkeiten für Studierende und junge Paare schaffen. Die Kirche und Staat kooperieren Das war eines der zentralen Themen beim Treffen zwischen Premierminister Mitsotakis und Erzbischof Hieronymus am vergangenen Montag. Der Premierminister stellte klar, dass eine Trennung von Staat und Kirche nicht Teil der bevorstehenden Verfassungsreform sein wird. Stattdessen liegt der Fokus auf einer engeren Zusammenarbeit, insbesondere bei sozialen Initiativen. Die Kirche hat signalisiert, Immobilien bereitzustellen, um bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Geplant sind Studentenwohnheime und Wohnungen für junge Paare, die entweder kostenlos oder zu einem symbolischen Mietzins vergeben werden sollen. In den kommenden Wochen starten Gespräche zwischen Experten beider Seiten, um ein Verwaltungskomitee für das Projekt zu bilden. Ziel ist es, bis Ende 2025 konkrete Fortschritte bei der Kirche zu schaffen. Eine frühere Erhebung ergab, dass die Kirche über rund 900 Immobilien verfügt, die für dieses Vorhaben genutzt werden könnten. Mit dieser Initiative wollen Kirche und Staat einen Beitrag zur Bekämpfung der Wohnungsnot und zur Unterstützung junger Menschen in Griechenland leisten.
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00:30:04
Und das waren die Nachrichten aus Griechenland und der Region. Wir sind damit am Ende unserer 26. Folge angelangt. Ich freue mich, wenn euch unsere Podcast-Folge gefallen hat. Wenn ihr diese abonniert, wenn ihr uns gerne ein Like und auch einen Kommentar oder eine Bewertung dalasst und unsere Arbeit damit unterstützt. Wenn ihr Hinweise, Anregungen oder Themenwünsche habt, dann schreibt gerne an yiasasadenauer@kas.de Yiasas wie immer mit einem S. Die E-Mail-Adresse gibt es auch in den Shownotes. Ein großes Dankeschön geht an die Redaktion Vasilis Karydas-Yfantis, die Produktion Studio Schumann Leipzig sowie unsere Nachrichtensprecherin Olga Tsoutsou. Bis zum nächsten Mal mit herzlichen Grüßen hier aus Athen. Euer Marian Wendt.

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